Isabella von Ägypten by Achim von Arnim

Isabella von Ägypten by Achim von Arnim

Autor:Achim von Arnim [Arnim, Achim von]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Erzählung
Herausgeber: Hanser
veröffentlicht: 1962-12-31T23:00:00+00:00


Väterchen, saug Jugendmut

Aus der Lippen rotem Blut,

Mische Honig zu dem Wein,

Und er wird dir lieblich sein;

Zünde auch ein Feuer an,

Daß sich Amor wärmen kann:

Sieh, der lose kleine Bub

Kommt auf Stelzen in die Stub.

Bella stellte sich bei diesen Worten, als ob sie den alten Herren den guten Willen durch Zuvorkommen erwecken wollte, sie trat zu den Musikanten und sagte, daß sie mit ihnen singen wollte, sie sänge recht hübsch, doch müßten sie ihr Tracht und Larven leihen. Frau Nietken war seelenvergnügt, daß sie sich so leicht in ihr Schicksal[517] gegeben: »Herzchen, tanz«, sagte sie, »daß die Röcke übern Kopf fliegen, den Herren will ich ein Glas Malaga einschenken.« – Bella benutzte diese Zeit, einer Musikantenfrau jene kostbare Demanthalskette, die Cornelius damals in dem Stiefel entdeckte und ihr umhing, anzubieten, wenn sie unter ihrer Larve entfliehen könnte, und jene an ihrer Stelle zurückbleiben wollte. Das Weib war mit dem Gebot sehr zufrieden, sollte es darüber auch Händel geben; die Musiker waren ihrer sechse, die an Raufereien, wie andere Menschen ans Kämmen, gewöhnt waren, und weil sie nichts als einige alte Lumpen zu verlieren hatten, nur immer dabei gewinnen konnten. Die Umkleidung war hinter dem Schirme bald vollendet, und Bella entwich, während ihre reiche Haube von Gold und ihre Halskette an dem verlarvten Weibe, den alten verliebten Toren herrlich entgegenglänzte; das Weib tanzte, und ihre Sprünge schienen ihnen so reizend, daß einer nach dem andern aufsprang und ihr um den Hals fiel. Endlich entfiel ihr bei diesem abwechselnden Zugreifen die Larve, und die alten Herren erschraken nicht wenig ein fremdes, abgelebtes Gesicht zu sehen, das sie mit rechter Bosheit verlachte. »Wo ist Bella, ihr Spitzbuben?« schrie Frau Nietken, und statt der Antwort, warf sie ein derber Faustschlag des einen Musikanten darnieder. Die alten Herren sprangen zu, aber mit ihnen wurden die rüstigen Kämpfer noch schneller fertig; sie knebelten sie, nahmen ihnen die vollen Geldbeutel, mit denen sie Frau Nietken bestechen wollten, aus den Händen, verschlossen die Türe und flüchteten sich aus dem stillen Hause, wo alles von den Rasereien des Tages im Frühmorgen darniederlag, in das Freie; sie hatten genug gewonnen, um allen Untersuchungen aus dem Wege zu gehen.

Bella hatte sich unterdes mit einer Schnelligkeit auf den ihr wohlbekannten Fußpfad nach Gent begeben, daß sie sich nach einer Stunde ganz erschöpft hinter einen Dornstrauch versteckte, um ein wenig sich zu erholen. Es zog allerlei betrunknes Volk vorüber, was auch von der Kirmes kam, aber keiner bemerkte sie, nur die Hunde schnupperten und bellten sie an; da aber der Dornstrauch als Grenze einer Feldmark, sie versteckte und auch mancherlei Knochen den gewöhnlichen Gebrauch dieses Ortes verrieten, so gab lange Zeit niemand auf sie Achtung. Sie verfiel in einen tiefen Schlaf, aus dem ihr das Bewußtsein erst am folgenden Abende wieder kam. Nun konnte sie zwar in dem krampfhaften Zustande, der[518] sich ihrer bemächtigt hatte, selbst dann noch nicht ein Glied erheben, oder die Augen aufschlagen, doch hörte sie in einzelnen Momenten, was rings umher auf dem Wege gesprochen wurde. Sie hörte das Bellen eines



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